How-To Bericht: Neuaufbau einer Angelrute- Teil 1 Demontage

  • Hi,

    dem ein oder anderen habe ich es ja schon mal angekündigt, dass ich hier eine kleine Anleitung schreiben möchte, zum Neuaufbau einer Rute. Okay, eigentlich sind es drei Stück, aber der Umbau/Neuaufbau ist natürlich immer analog.
    Zu den Ruten: Es sind drei MAD Cat White Deluxe 270 cm. Sie haben ihre besten Zeiten bereits weit hinter sich. Bei einer dreht sich der Rollenhalter, bei allen sind die Korkgriffe porös, der Lack vergilbt und die Ringe einfach nicht mehr Zeitgemäß.


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    In Teile 1 möchte ich berichten, wie man solch eine Rute demontiert.


    Hier das benötigte Material. Klar kann jeder das verwenden, was er will, die von mir gezeigten Utensilien passen eben für mich am besten.

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    1.       Ein dünnes Cuttermesser mit nicht zu dicker Klinge

    2.       Ein altes aber stabiles Messer. In meinem Fall bin ich immer ganz froh, wenn es nicht all zu scharf ist.

    3.       Eine Zange. Das kann auch gerne ne Kombizange, Rohrzange oder dergl. sein. Die meine lag halt so rum.

    4.       Ein Feuerzeug. Wenn man zu viel Kraft und Energie hat kann man das auch weglassen.
    Des Weiteren und hier nicht abgebildet kommen noch ein Topf, Wasser, ein Herd, und Schleifpapier in allen möglichen Körnungen (bis ca. 1000) und ein Mundschutz zum Einsatz.

    Vorab sei noch zu sagen, dass ich nur an euch appellieren kann, mit der größtmöglichen Vorsicht zu arbeiten. Es wird heiß, scharf, spitz und dreckig. Passt auf euch auf, sodass ihr auch nach dem Umbau noch Spaß an der Rute und am Fischen haben könnt. Ich übernehme keine Haftung für Verletzungen oder anderweitige Unfälle.

    Fangen wir also mal an:
    Ich beginne immer damit die Ringe und sonstige Wicklungen wie z.B. Stütz- oder Zierwicklungen an der Steckerbindung oder oberhalb dem Griff von der Rute zu entfernen.

    Dazu nehme ich das Feuerzeug und wärme den Lack auf den Wicklungen erstmal ca. Sekunden lang an. Keine Angst, wenn man das nur ein paar Sekunden macht, wird der Blank nicht beschädigt.
    Da der Lack nun durch die Wärme weicher ist, lässt er sich besser mit dem dünnen Cuttermesser einschneiden. Ich schneide so tief, dass ich das darunterliegende Garn auch gleich einschneide.
    Bei den Ringen schneide ich gerne auf den Ringfüßen und zum Ring hin, denn da kann ich nicht zu tief schneiden und ggf. den Blank beschädigen. Bei Stütz- und Zierwicklungen muss man hingegen schon etwas aufpassen, wie tief man schneidet.

    Sind beide Seiten des Rings vom Lack und Garn befreit, ziehe ich den Ring ab und lege ihn zur Seite. Nun hat man mehr Platz auf dem Blank und man kann beginnen die restliche Wicklung (und ggf. wie im Bild zu sehen ist, die Unterwicklung) zu entfernen.
    Die überstehende Lackierung kann man auch ganz vorsichtig mit der Spitze des Cuttermessers entfernen.

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  • Auf dem Bild ist schön zu sehen, was die Sonne mit unserem Tackle macht und warum es oft nötig ist, nach dem „Strippen“ also der Demontage einer Rute, den Blank komplett zu lackieren.

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    Möchte ich nur die Ringwicklung erneuern, den Ring also an gleicher Stelle wieder anwickeln, schabe ich mit der Rückseite der Klinge des Cuttermessers die Garn-Riefen glatt. Diese Riefen sind auch recht gut auf dem oberen Bild zu erkennen.

    Sind alle Laufringe und sonstige Wicklungen entfernt, geht es weiter mit dem Spitzenring.
    Diesen erwärme ich wiederum mit dem Feuerzeug (genauer gesagt den Tunnel, der auf dem Blank verklebt ist) und ziehe ihn mit den Fingern oder Vorsichtig mit der Zange vom Blank.
    Bei Stangenruten kommt es oft vor, dass der Spitzenring mit Industriebklebern verklebt sind, die auch bei Hitze nicht genügend „weicht“ werden um den Spitzenring abzuziehen. Dann hilft es entweder den Ring gleich auf dem Blank zu lassen ( wenn man den Spitzenring evtl. eh wiederverwenden möchte), oder den Blank genau unter dem Spitzenring zu kürzen. Der Blank ist somit ca. 2 cm kürzer, aber man hat den Ring ab, ohne den weiteren Blank zu beschädigen.
    Achtung: Den Spitzenring nicht zu lange erwärmen (max. 10-15 Sekunden), da es sonst passieren kann, dass das Harz, mit welchem das Glasfaser- oder Carbonmaterial des Blanks getränkt ist, weich wird und zerbröselt.


    Ist auch der Spitzenring runter, geht es an die grobe Arbeit. Wenn ich grob meine, heißt das natürlich, dass man genau so aufpassen muss, den Blank nicht zu zerstören, aber man benötigt für die folgenden Arbeiten mehr Schmackes. Also lieber noch ein wenig Spinat vorher essen.

    Das Griffmaterial wird nun mit dem stabilen Messer heruntergeschnitten. Hierbei darf man auch ruhig etwas größere Stücke rausschneiden und muss nicht auf jedes kleine Restchen von Kleber etc. achten.
    Und weil ich in diesem Arbeitsschritt auch immer mal zum Körper oder den Fingern hin arbeiten muss, ist mein Messer nicht gerade das Schärfste. Meine Finger danken es mir. Aber keine Angst, ohne Blut und Blasen an den Fingern geht so etwas selten vonstatten.
    Ist nun der komplette Griff entfernt sieht man also nun den nackten Blank mit Endkappe, Rollenhalter und ggf. Windingchecks (diesen kleinen Metallringen am Ende der Griffe) vor sich.
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    Ab in die Küche! Einen Topf von Mutti geklaut, Wasser rein und zum Kochen bringen.
    Die Endkappe wird entfernt, indem man das gute Stück einfach für ein paar Minuten ins kochende Wasser hält und danach abzieht. So kann man diese sogar wiederverwenden, wenn nötig. Man kann die Endkappe natürlich auch einfach vom Blank schneiden, da hier im Forum aber sehr viele Schwaben sind, danke ich mal, ist die Recycle-Methode die Bessere.


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    Keine Angst, kochendes Wasser kann in unseren Breitengraden und auf „normaler“ Höhe über dem Meer nur ca. 100 Grad Celsius erreichen, was dem Blank auch für ein paar Minuten nichts ausmacht.

    Auf die gleiche Weise wird auch der Rollenhalter entfernt. Nun passt aber das ganze Ding nicht in den Topf, sodass der Rollenhalter im kochenden Wasser ist. Da gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man legt den Blank mit dem Rollenhalter quer über den Topf und legt ein Geschirrtuch darüber, sodass der Dampf (Vorsicht!!! - der Dampf kann auch mehr als 100 Grad Celsius haben) den Rollenhalter und den Kleber darunter erwärmt, oder man geht dem Ganzen vorsichtig mit einer Heißluftpistole an den Kragen.
    In den allermeisten Fällen kann man nun den Rollenhalter vom Blank lösen (drehen). In ganz seltenen Fällen, muss man wirklich den Rollenhalter kaputtmachen. Hierzu wird der Rollenhalter ein oder zweimal der Länge nach mit einer Säge oder einem Dremel aufgeschnitten und vom Blank geschält.

    Zu guter Letzt geht es den Windingchecks and den Kragen. Auch diese passen nicht in den Topf, aber die Menge an Kleber mit dem sie auf dem Blank fixiert sind, ist auch bedeutend geringer.
    Oft reicht auch hier der Dampf, des kochenden Wassers, um die Windingchecks gangbar zu machen, meistens übergieße ich die Windingchecks aber mit kochendem Wasser, weil ich sie so viel gezielter erwärmen kann.
    Sind die Windingchecks warm/heiß gemacht, wird die geöffnete Zange am Windingcheck angelegt. Mit leichten Schlägen auf die Zange, lösen sich so die meisten Windingchecks. Auch gilt: es gibt nichts, was es nicht gibt. Daher schneidet man Windingchecks, die sich garnicht lösen lassen am besten mit einem Dremel auf.

    Alle Anbauteile sind nun vom Blank entfernt. Jetzt geht es darum, den Blank für den anschließenden Wiederaufbau vorzubereiten.
    Mit dem stabilen Messer werden grobe Reste des Klebers, Griffs eines möglichen Ankers des Rollenhalters vorsichtig vom Blank geschnitten. Ein Anker ist eine Unterfütterung des Rollenhalters, da diese meistens nicht den passenden Innendurchmesser haben, um auf dem Blank richtig halt zu finden. Diese könne aus Pappe, Kreppband oder auch Carbon-Gewebe sein.
    Sind auch diese groben Reste entfernt, geht es and das Schleifen. Angefangen mit einem etwas grobkörnigerem Schleifpapier mit einer Körnung von ca. 120 über, 400er und 600er bis hin zum 1000er wird der Blank schön abgeschliffen. Hier kommt auch das erste Mal unser Mundschutz ins Spiel.
    Glaubt mir, wenn man so einen Blank mal schön ohne Mundschutz abgeschliffen hat, kommt einem der Schleifstaub auch noch Tage danach entgegen. Die Schleimhäute werde es euch danken.

    Mit dem Schleifen schließen wir den letzten Schritt der Demontage des Blanks ab.
    Der professionelle Rutenbauer nimmt bis hier her gerne 50 bis 100 €, was in Anbetracht der Tatsache, dass er bereits ca. 5-8 Stunden beschäftigt ist, vermutlich auch nicht allzu viel ist.

    Ich beende hiermit den ersten Teil des Berichtes. Weiter mit dem Neuaufbau geht es dann, wenn alle Teile bei mir sind.